Ein Überblick über die Geschichte des Boogie Woogie und des Bluespiano
Worksongs entstanden als Arbeitslieder der nordamerikanischen Sklaven. Ein
Vorsänger gab die Melodie vor worauf die Gruppe antwortete ("call
and response"). Dieser improvisierte Wechselgesang diente zur Regulierung
des Arbeitstempos.
18. Jahrhundert
Das Spiritual oder Negro-Spiritual ist seit dem 18. Jahrhundert eine Form
geistlicher Musik der afroamerikanischen Bevölkerung des Südens
der USA. Durch die Missionierung kamen die Sklaven mit europäischer
Musik in Kontakt. Protestantische Lieder der englischen Kirche wurden mit
afrikanischer Musik, christlicher Religion und afrikanischer Spiritualität
unter den Bedingungen der Sklaverei in einer vorwiegend ländlichen
Gesellschaft vermischt. Spirituals entstanden in den unabhängigen schwarzen
Kirchen. Gesungen werden die inhaltlich nicht nur religiösen Melodien
a capella, begleitet von Händeklatschen, Fußstampfen und rhythmischen
Körperbewegungen. Spirituals drücken den Freiheitswillen der Sklaven
aus, so wird z.B. der Auszug aus Ägypten besungen. Der Wechselgesang
zwischen Vorsänger und Chor (call and response) ist durch emotionsgeladene,
unsaubere Tongebung (dirty tones), blue notes und off-beat-Phrasierung geprägt.
letztes Drittel des 19. Jahrhunderts
Der Begriff Ragtime wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Nordamerika populär.
Der Name leitet sich aus der komplexen Rhythmik (engl.: rag = zerreißen
"zerrissener Takt") ab. Der Ragtime ist durch komplexe Synkopenbildung
und Betonungen außerhalb der Taktschwerpunkte geprägt. Die Tendenz
Schwerpunkte des Taktes zu überspielen (Kreuzrhythmen) ist afrikanischen
Ursprungs und findet sich auch im Samba und Charleston der 20er Jahre wieder.
Dem Ragtime dient die Marschform als Vorbild.
Bekannte Melodien der Schwarzen (Coon Songs, Cake Walks) werden zu Suiten
oder Medleys zusammengestellt und ergeben eine größere Form.
Der Einfluss schwarzer Folklore zeigt sich in den chromatischen Wendungen
(von der Moll- zur Dur Terz), die auch im Jazz eine
wichtige Rolle spielen.
"Dirty notes", unsauber intonierte Töne (z.B. als harte Sekundreibungen)
zeigen auch im Blues und später im Boogie
Woogie. Der Hauptvertreter Scott Joplin (1868 - 1917), der den "Mapel
Leaf Rag" und "The Entertainer" schuf, verwendete diese jedoch
kaum.
zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
Der Blues (engl. Schwermut) ist Ausdruck der Sklavennot und der sozialen
Missstände. Diese Musik im langsamen 4/4 Takt ist Ausgangspunkt anderer
Musikrichtungen wie dem Jazz. Blues ist das weltliche
Äquivalent des Spiritual.
Die Sänger klagen über ihre persönlichen und sozialen Probleme
oder über Rassendiskriminierung. Das bekannte Bluesschema (I I I I
/ IV IV I I / V IV I I) und die Bluestonalität (III und VII werden
als sogenannte blue notes neutral intoniert) entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts.
Entstehung: spätes 19.Jahrhundert
In New Orleans, Sitz vieler Militär- und Tanzkapellen sowie vieler
schwarzer Musiker, verbanden sich Elemente der Musik der Weißen mit
der afroamerikanischen Tradition (hot intonation, blue notes, off-beat,
call and response, Improvisation, Alteration) zum Jazz (amerikanischer Slang:
Begeisterung, Raserei). In kleinen Bands improvisierten die Musiker eine
affektgeladene persönliche Aussage durch Elemente wie Artikulation,
Tonschwankungen, Vibrato und Glissando.
Entstehung: 1910-1920
Die Bezeichnung "Boogie Woogie" stammt von Clarence Pinetop Smith
1928 aufgenommenen Pinetop's Boogie Woogie. Ursprünglich wurde Boogie
Woogie nur solo auf dem Klavier gespielt. Auf die von der linken Hand gespielten
ostinaten Figuren (Rolling Bass oder Walking Bass) bauten die aus gleichmäßigen
Achtel-Noten bestehenden Melodien der rechten Hand auf. Die Melodieführung
ist von off-beat-Phrasierung, Trillern und Tremolos geprägt. Die Boogie-Woogie
Form bietet ein breites Spektrum von melodischen und rhythmischen Figuren
an, die von einfach bis komplex variieren können. Oftmals findet ein
"call and response" Schema zwischen beiden Händen, bis hin
zu den Fingern einer einzelnen Hand, statt. Neben dem zwölf Takte Schema
gibt es auch Schemata mit acht Takten oder anderen Längen.
Der Erfolg dieser Musik begann mit Meade Lux Lewis' "Honky Tonk Train
Blues" (1927). Eine Rundfunkübertragung aus dem Sherman-Hotel
in Chicago (1939), der auch Pete Johnson und Albert Ammons beiwohnten, war
ebenso eine Sensation, wie ihr Auftritt in John Hammond's "From Spiritual
to Swing"-Konzert vom 23.12.1939.
Später kamen weitere Instrumente wie Bass oder Schlagzeug, in den 1940er
und 1950er Jahren sogar Big Bands zum Piano hinzu, dies jedoch hatte außer
der "Form" nichts mehr mit dem ursprünglichen Stil zu tun.
Der Boogie Woogie wurde später auch in den Swing
mit einbezogen.
entstanden um 1930
Der Gospelsong ist die Fortsetzung des Spirituals.
Gospels entstanden, beeinflusst durch den Blues und
den Boogie Woogie, sowie durch den swingenden Rhythmus
des Jazz, in den schwarzen Straßenkirchen der
Ghettos amerikanischer Großstädte. Gospels wurden eigens für
die Gottesdienste komponiert und dort frei ausgestaltet und emotional Ausdrucksstark
gesungen. Die Texte kommen aus dem Neuen Testament, den Evangelien (engl.
gospel = Evangelium) oder handeln vom Leidensweg Christi. Begleitend werden
Jazzinstrumente wie Saxophone, Posaunen, Schlagzeug, Keyboards und E-Gitarren
verwendet.
ca. 1935-1945
Der Swing hat seine Wurzeln im Jazz. Nachdem die Weltwirtschaftskrise
den Bedarf an Luxusgütern wie Musik drastisch reduzierte, sahen sich
viele Künstler mit existenziellen Problemen konfrontiert. In der Not
schlossen sich viele Musiker zu sogenannten Big Bands zusammen, Jazz- oder
Tanzmusikorchester in einer Besetzung von oft über zehn Musikern. Da
dies die Improvisation nicht gerade erleichterte traten Arrangements an
ihre Stelle, wobei Elemente wie 4/4 Takt und off-beat erhalten blieben.
Durch den Rundfunk fand der Swing bald weite Akzeptanz, und die Kommerzialisierung
zu Unterhaltungs- und Tanzmusik nahm ihren Lauf. Bekannte Bandleader waren
u.a. Benny Goodman und Glenn Miller. Das Zentrum des Swing war New York
mit dem Jazz am Broadway der 1930er und 1940er Jahre.
um 1960
Soul (engl. "Seele, Wesen") entstand als Reaktion afroamerikanischer
Musiker auf den Cool-Jazz. Die Rückbesinnung auf die Gefühlsintensität
des Gospel, des Blues und der
Worksongs führte zu dieser emotionell ausdrucksstarken
Form der Musik.
Bekannte Interpreten sind u.a. Aretha Franklin oder James Brown.